Entgegen den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen Studien, dass Patienten mit Long COVID körperlich durchaus belastbar sind. Viele Patienten leiden unter chronischer Müdigkeit, unter einer niedrigen Belastungstoleranz, unter Schwindel oder beschleunigtem Herzschlag beim Aufstehen. Die WHO empfiehlt trotzdem kein körperliches Rehabilitationsprogramm, obwohl Inaktivität langfristig zu weiteren Gesundheitsproblemen führen kann.
Dass diese Empfehlung möglicherweise nicht ganz korrekt ist, zeigt eine Studie, in der die Effekte von drei verschiedenen Sportübungen bei Long-COVID-Patienten untersucht wurden. Schwedische Forscher analysierten die Belastbarkeit von 31 Long-COVID-Patienten, die im Durchschnitt 21,6 Monate nach ihrer akuten Erkrankung immer noch an den beschriebenen Symptomen litten. Drei Viertel von ihnen waren über 12 Monate krankgeschrieben gewesen. Vor den Übungseinheiten wurde ihr Gesundheitszustand eingehend untersucht.
Die meisten Ergebnisse zeigten keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zu gesunden Probanden. Obwohl einige leichte Abweichungen in der Echokardiografie festgestellt wurden, beeinträchtigten diese nicht die Teilnahme an den Übungen. Auch die Herz- und Lungenfunktion sowie die Muskelkraft unterschieden sich nicht von den Gesunden.
Die Long-COVID-Patienten waren im Alltag genauso aktiv wie die Gesunden, vermieden jedoch größere Anstrengungen. Auch wiesen die Laborwerte nicht auf ein erhöhtes Entzündungsaufkommen hin. Nur bei der Elektromyografie zeigten 62 % der Patienten Anzeichen einer verminderten Muskelfunktion, deren Bedeutung jedoch unklar ist. Die Diagnose von Long COVID basierte somit hauptsächlich auf subjektiven Beschwerden und führte zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität.
Im Rahmen der Studie absolvierten die Studienteilnehmer verschiedene Übungen, darunter hochintensives Intervalltraining, Ausdauertraining und Krafttraining. Nach den Übungen bewerteten die Studienverantwortlichen die Auswirkungen auf die 10 wichtigsten Symptome von Long COVID.
Im Ergebnis zeigte sich, dass es zwar zu einem vorübergehenden Anstieg der Müdigkeit während der Übungen kam, die Patienten innerhalb von 48 Stunden dann aber fast alle auf ihr Ausgangsniveau zurückkehrten. Weitere Auswertungen ergaben, dass es keinen erkennbaren Grund gibt, warum Long-COVID-Patienten nicht an einem Sportrehabilitationsprogramm unter ärztlicher Aufsicht teilnehmen sollten, solange keine Beschwerden bezüglich des Herz-Kreislaufsystems bestehen.
Tryfonos, A. et al.
Functional Limitations and Exercise Intolerance in Patients With Post-COVID ConditionA Randomized Crossover Clinical Trial
JAMA Netw Open
4/2024